Lexikon

Tintlinge

Tintlinge sind eine Gruppe verschiedener Pilzarten, die aufgrund jüngerer wissenschaftlicher Erkenntisse nicht mehr einheitlich der Gattung Coprinus zugeordnet sind. Stattdessen entstammen sie den verschiedenen Gattungen Coprinus, Coprinellus, Coprinopsis und Parasola. Tintlinge sind besonders für ihr auffälliges Zerfließen im Reifeprozess bekannt, eine Eigenheit, die als Autolyse bezeichnet wird.

schopftintlingBei der Autolyse verwandeln sich die Lamellen der Tintlinge in eine schwarze, tintenartige Flüssigkeit. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde diese „Pilztinte“ tatsächlich genutzt, um Schriftstücke zu verfassen. Die Tintlingschicht, die dabei entstand, galt als witterungsbeständig und blieb lange erhalten. Heutzutage wird die autolytische Eigenschaft der Tintlinge zwar nicht mehr praktisch genutzt, verleiht den Pilzen aber noch immer ihren Namen.

Die Fähigkeit, sich in diese tintenartige Substanz zu zersetzen, ist ein einzigartiges Merkmal der Tintlinge und tritt oft bereits innerhalb weniger Stunden nach der Reife auf. Diese Eigenschaft macht Tintlinge schwer lagerbar und schränkt die kulinarische Verwendung der essbaren Arten auf frische, junge Exemplare ein.

Merkmale der Tintlinge

Tintlinge haben meist schmale, zylindrische oder glockenförmige Hüte, die in jungem Zustand fest geschlossen sind. Bei Reife öffnen sich die Hüte und beginnen sich allmählich von den Rändern her aufzulösen. Diese autolytische Eigenschaft führt dazu, dass sich die Lamellen von der Hutspitze bis zum Hutrand verflüssigen und eine schwarze, tintenartige Flüssigkeit entsteht, die die Sporen enthält. Tintlinge besitzen weiße oder grau-braune Lamellen, die sich bei Reife dunkel verfärben und ebenfalls zerfließen. Der Stiel der Tintlinge ist meist dünn und hohl und zeigt je nach Art eine glatte oder leicht flockige Oberfläche.

Tintlingsarten und ihre Eigenschaften

Schopftintling (Coprinus comatus)


Der Schopftintling ist eine der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Arten der Tintlinge. Er wächst häufig auf Wiesen, Weiden, am Straßenrand und in Gärten. Der Schopftintling zeichnet sich durch seinen weißen, zylindrischen Hut aus, der schuppig ist und in jungem Zustand fest geschlossen bleibt. Bei Reife rollt sich der Hut von unten nach oben auf und färbt sich schwarz.

Junge Exemplare des Schopftintlings sind essbar und haben einen hervorragenden, milden Geschmack, jedoch muss der Pilz schnell verarbeitet werden, da er sich innerhalb weniger Stunden nach der Ernte zu zersetzen beginnt. Der Schopftintling wird wegen seines besonderen Aromas in der Küche geschätzt, verliert jedoch durch die Autolyse rasch seine Frische. Im Handel ist dieser Speisepilz daher nicht zu finden.

Der Schopftintling wurde von der DGfM, der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, zum Pilz des Jahres 2024 ernannt. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren neben dem hochwertigen Geschmack und dem faszinierenden Autolyse-Effekt auch die gesundheitlichen Vorteile der Pilzart.

Faltentintling (Coprinopsis atramentaria)

coprinopsis
Der Faltentintling, auch als Grauer Tintling bekannt, wächst häufig in Gruppen in feuchten Wiesen oder an Waldrändern. Er hat einen grauen, leicht gerippten Hut und ist ebenfalls essbar – allerdings nur unter Vorsicht. Der Faltentintling enthält die Substanz Coprin, die in Verbindung mit Alkohol zu schweren Vergiftungserscheinungen führen kann. Diese Reaktion, als Coprin-Syndrom bekannt, bewirkt, dass der Abbau von Alkohol im Körper blockiert wird, was zu Übelkeit, Kopfschmerzen und starkem Unwohlsein führen kann. Daher sollte beim Genuss des Faltentintlings auf den Konsum von Alkohol verzichtet werden.

Glanz-Tintling (Coprinellus micaceus)

coprinellus
Der Glanz-Tintling ist ebenfalls ein häufiger Vertreter und zeichnet sich durch seinen glatten, leicht glänzenden, honigbraunen Hut aus. Der Glanz-Tintling wächst bevorzugt an verrottendem Holz, in feuchten Gebieten oder auf schattigen Wiesen und bildet oft dichte Büschel. Die Huthaut ist oft von feinen, glitzernden Körnchen überzogen, die ihm den Namen „Glanz-Tintling“ eingebracht haben. Er ist jung essbar, jedoch kein besonders schmackhafter Pilz und wird deshalb nur selten in der Küche verwendet.

Kahler Tintling (Coprinopsis lagopus)

coprinopsis
Der Kahle Tintling wächst meist auf verrottendem Holz im Wald oder am Wegesrand und hat einen schmalen, fragilen Hut, der sich im Reifeprozess schnell zersetzt. Die Oberfläche des Hutes ist fein behaart und blass bis graubraun gefärbt. Der Tintling gilt als ungenießbar.